Was genau ist eigentlich Mundmotorik? Diese Frage stellen Eltern, Interessierte und Kinder in unserem Sprachheilzentrum Bad Salzdetfurth uns oft.
Die Mundmotorik ist ein Teilgebiet der Feinmotorik. Eine funktionierende Mundmotorik sorgt dafür, dass wir wie automatisch und ohne uns darüber bewusst zu sein, essen, sprechen und schlucken.
Warum ist Mundmotorik wichtig?
Der Mundraum und Rachen ermöglicht durch die komplizierte Abstimmung einer Vielzahl von Muskeln lebenswichtige Funktionen wie Essen, Schlucken und Erbrechen. Das Aussprechen von Lauten, das Pusten und Saugen werden erst durch Lippen- und Zungenbewegungen ermöglicht, zusätzlich ist eine funktionale Mundbeweglichkeit für die angemessene Strömung des Atems nötig.
Störungen der Mundmotorik
Fachleute sprechen bei Mundmotorik-Störungen von Orofazialen Dysfunktionen. Es handelt sich dabei um Störungen der Muskelfunktionen im Mund-, Rachen-, Gesichts- und Halsbereich. Eigentlich ist es für uns ganz normal zu sprechen, zu essen und zu schlucken, allerdings sind das sehr vielschichtige Prozesse bei denen bis zu 100 Muskeln beteiligt sind. Wie bei einem Orchester müssen diese alle gut zusammenspielen. Wenn dies nicht der Fall ist, und einige Muskeln oder Muskelgruppen eine andere Musik spielen, als der Rest des Orchesters, dann sprechen Fachleute wie Logopäd*innen von einer Mundmotorik-Störung.
Eine beeinträchtigte Mundmotorik zeigt sich zum Beispiel dadurch, dass
- der Mund ständig geöffnet ist (inkompletter bzw. fehlender Mundschluss)
- in den Mundwinkeln Speichel hängt oder läuft (Hypersalivation)
- es Schwierigkeiten beim Schlucken gibt (Zungenvorstoß)
- die Zunge zwischen den Schneidezähnen liegt (interdentale Zungenruhelage)
- einige Laute nicht richtig ausgesprochen werden (Dyslalie)
Mundmotorikübungen
Was können Eltern tun, wenn eine Mundmotorikstörung diagnostiziert wird? Der Hausarzt empfiehlt zunächst eine*n Logopäd*in. Diese sind speziell dafür ausgebildet, Mundmotorikdefizite zu behandeln. Als Unterstützung zur der logopädischen Therapie können Kinder Zuhause unter Aufsicht von Erwachsenen viele einfachen Übungen durchführen, denn bereits Babys und Kleinkinder trainieren ihre Mundmotorik automatisch indem sie beispielsweise Milch saugen, Gegenstände mit dem Mund erkunden, die Wangen blähen oder pusten. Mundmotorik-Übungen sind also gar nicht schwer, und können sogar Spaß machen, probieren Sie es gleich aus!
Mundmotorikübungen
In der Sprachtherapie sehen wir die Kinder und Jugendlichen 3-4mal pro Woche, und das mindestens ein Jahr lang, oftmals auch länger. Neben Diagnostik, Therapieplan und Hilfeplangesprächen darf deshalb der Spaß nicht zu kurz kommen. Denn ohne Lern-Motivation nutzt die beste Therapie nur wenig. Ein Highlight für die Kinder und Jugendlichen ist es unter anderem, wenn die Sprachtherapeut*innen das Brausepulver hervor holen!
Beispiele für sprachfördernde Aktionen mit Brausepulver sind:
Schütte ein wenig Brausepulver auf einen Teller, so kannst du es dir über mehrere Tage einteilen und jeden Tag etwas üben!
- Tippe mit der Zungenspitze etwas Brausepulver auf. Das Prickeln verbessert die Zungenwahrnehmung.
- Tippe mit der Zunge Brausepulver vom Teller. Lass die Zunge nach draussen gestreckt und beobachte im Spiegel, wie sich das Pulver auf deiner Zunge verändert. Das kräftigt die Zungenmuskulatur.
- Ein Wattestäbchen befeuchten und ins Brausepulver tippen. Dann mit dem Wattestäbchen an verschiedene Stellen auf den Lippen oder um den Mund herum tippen. Mit der Zunge an die Stelle tippen, wo das Brausepulver hin ‚geklebt' wurde. Das fördert die Wahrnehmung des Mundes und die Koordinationsfähigkeit der Zunge.
Nicht nur die Gummibärchen fühlen sich in ihrer kleinen Tüte wohl, auch unsere Kinder und Jugendlichen profitieren von den kleinen Klassen und Lerngruppen in unserer Burgbergschule. Hier gibt es weniger Ablenkung im Unterricht und mehr individuelle Betreuungsmöglichkeit durch die Lehrer*innen, so dass das Lernen leichter fällt.
Förderung der Zungenbeweglichkeit mit der Gummibärchen-Waschanlage:
Steck ein Gummibärchen auf einen Zahnstocher. Halte ihn vor deinen Mund und streck die Zunge heraus, so dass du das Gummibärchen mit deiner Zunge berühren kannst. Nun „putz" das Gummibärchen mit deiner Zungenspitze:
- den Rücken von oben nach unten
- die Seiten von oben nach unten
- die Hände von links nach rechts
- die Füße von links nach rechts
- den Kopf im Kreis um die Nase herum
- Und dann lass es dir schmecken
Die Kinder in unseren BEO-Gruppen haben bevor sie zu uns kommen oft viele schlechte Erfahrungen gemacht, Konflikte, Scheitern, Ausgrenzung. In unserer Nachmittags-Betreuung lernen sie, ihre Ressourcen zu entdecken und so ihr Licht zum Leuchten zu bringen, indem sie Unterstützung bei den Hausaufgaben bekommen, Konfliktlösungsmöglichkeiten lernen, sowie Akzeptanz und Wertschätzung erleben.
Beispiele für sprachfördernde Aktionen mit Kerzen sind:
- Puste so vorsichtig, dass die Kerze nur flackert, aber nicht ausgeht.
- Puste die Kerze aus. Probiere dabei verschiedene Entfernungen aus.
- Von drei brennenden Kerzen soll nur eine bestimmte ausgepustet werden.
Pusteübungen fördern die Atmung, Luftstromlenkung und Lippenspannung, alles wichtige Grundlagen für eine korrekte Aussprache.
Mehrmals in der Woche gehen unsere Kinder und Jugendlichen je nach Bedarf zur psychomotorischen und heilpädagogischen Förderung. Diese findet sowohl in Kleingruppen als auch Einzelstunden statt, je nach Förderschwerpunkt. Dafür haben wir mehrere Räume zur Verfügung, die alle unterschiedlich ausgestattet sind mit Geräten und Material, um die Bewegungs- und Wahrnehmungsentwicklung zu unterstützen. Immer wieder beliebt sind Luftballons, die vielseitig verwendbar sind und für ausgelassene Stimmung sorgen!
Beispiele für entwicklungsfördernde Aktionen mit Luftballons sind:
- Ein Luftballon wird aufgepustet und vor sich her gepustet bzw. versucht mit Pusten in der Luft zu halten.
Das fördert Atmung, Luftstromlenkung und Lippenspannung.
- Ein aufgepusteter Luftballon wird hoch geworfen und muss mit einem bestimmten Körperteil weg gestupst werden (z.B. Knie, Schulter).
Das fördert Körperwahrnehmung und das Wortfeld Körperteile.
- Viele aufgepustete Luftballons werden in eine Kopfkissenhülle oder Bettdecke gestopft und die Kinder können sich da drauf bzw. rein legen oder damit zudecken.
Das fördert die taktil-kinästhetische Wahrnehmung.
Unsere Angebote aus dem Bereich Jugendhilfe unterstützen Familien, Kinder und Jugendliche dabei, nach schweren Zeiten wieder aufrecht (wie ein Cocktail-Spieß) ihr Leben zu meistern, und sich frei und bunt entfalten zu können. Nach dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe" bieten wir dafür ein breites Spektrum an fachlicher Unterstützung.
Beispiele für sprachfördernde Aktionen mit einem Cocktailspieß sind:
- Der Cocktailspieß wird quer zwischen die Lippen gelegt und mit den Lippen festgehalten, während ein sprachfreies Spiel (z.B. Uno o.ä.) gespielt wird.
Das kräftigt die Lippen und hilft beim Erlernen des Mundschlusses.
- Der Cocktailspieß wird quer auf die herausgestreckte Zungenspitze gelegt und versucht, gerade zu halten, oder die Zunge zu bewegen, ohne dass der Spieß herunter fällt.
Das kräftigt die Zungen-Muskulatur.
- Der Cocktailspieß wird quer in den Mund genommen und mit den Zähnen festgehalten. Nun wird versucht, möglichst deutlich zu sprechen.
Das kräftigt die Kau-Muskulatur.
In unseren Wohngruppen erfahren unsere Kinder und Jugendlichen einen Alltag, dessen Angebote und Kommunikationsmöglichkeiten auf ihre Bedürfnisse angepasst sind. Die Mitarbeiter*innen im Gruppendienst sind geschult im Umgang mit Redeunflüssigkeiten, Verständnisproblemen, Ausspracheschwierigkeiten und reduziertem Wortschatz, und schaffen in Absprache mit den Therapeut*innen ein sprachförderndes Umfeld. Die Kinder und Jugendlichen saugen diese Angebote nicht nur auf, wie mit einem Trinkhalm, sondern entdecken zum Beispiel auch, wie viel Spaß mundmotorische Übungen mit einem Trinkhalm so machen können!
Beispiele für sprachfördernde Aktionen mit Trinkhalmen sind:
- Wasserblasen: Was man sonst nicht darf – in ein großes Glas, halb gefüllt mit Wasser, mit dem Trinkhalm hinein pusten und so viele Blasen wie möglich entstehen lassen.
- Puste-Fußball: Zwei Spieler*innen pusten sich mit Trinkhalmen einen Wattebausch (oder zerknülltes Papier) über den Tisch zu und versuchen, das gegnerische Tor zu treffen, das vorher auf dem Tisch markiert wurde.
- Ansaugen: Papierschnipsel, Konfetti, Esspapierstückchen, Knöpfe werden mit einem Trinkhalm angesaugt und in eine Schale transportiert.
Wichtig: Der Trinkhalm wird mit den Lippen festgehalten, nicht mit den Zähnen! So fördern diese Übungen Lippen- und Gaumensegel-Muskulatur, was wichtig ist für den Mundschluss, Essen, Schlucken und Artikulation.
Ein Tisch-Tuch ist die Grundlage jeder Festtafel (wie bei unserem 50. Geburtstag) – und ebenso ist die Förderung in unserem Sprachheil-Kindergarten die Grundlage dafür, dass die Kinder bis zum Schuleintritt ihre Entwicklungsverzögerungen aufholen können. Darauf ist unser frühzeitiges, intensives, interdisziplinäres Angebot ausgelegt.
Ein Beispiel für den Gebrauch eines Tuchs zur Sprachförderung:
Unter das Tuch werden verschiedene Gegenstände gelegt. Das Kind hat die Aufgabe, diese zu ertasten, was die taktile Wahrnehmung fördert. Hierbei gibt es viele verschiedene Variationen, unter anderem:
- Das Kind benennt Eigenschaften, wie der Gegenstand sich anfühlt (weich, fest).
1. Das fördert den Adjektiv-Wortschatz (z.B. weich, fest).
- Das Kind benennt den ertasteten Gegenstand.
2. Wenn Gegenstände einer bestimmten Kategorie ausgewählt werden, fördert es den Erwerb dieses Wortfeldes (z.B. Tiere, Obst).
3. Wenn Gegenstände mit einem bestimmten Laut ausgewählt werden, fördert es die Aussprache (z.B. Gegenstände, die mit R beginnen).